Heimerziehung

Wann kann ein Heim helfen?

Genau genommen heißt diese Hilfeform „Heimerziehung, sonstige betreute Wohnform”. Einer großen Zahl von Kindern, Jugendlichen und ihren Familien wird in der Bundesrepublik so geholfen. Während Heime in der Öffentlichkeit oft noch mit großen Sälen und unpersönlichen Strukturen in Verbindung gebracht werden, haben sich tatsächlich Heime in den letzten 20 Jahren stark entwickelt, vielfältig gewandelt, qualitativ erheblich verbessert und differenziert.

Es gibt heute sehr unterschiedliche Heime. In kleinen Wohngruppen leben sechs bis zehn Kinder und Jugendliche, die von meist mindestens fünf ausgebildeten pädagogischen Fachkräften rund um die Uhr intensiv und individuell betreut werden. Außenwohngruppen sind oft kleiner und befinden sich außerhalb des Heimes. In Familiengruppen oder Kinderhäusern wohnen die Pädagogen mit den jungen Menschen in einem Haus zusammen.

Die Wahl des Heims 

Mädchen bei den Hausaufgaben im Jugendhaus Don Bosco Penzberg

Wenn sich Familien oder Alleinerziehende zu dieser Hilfeform entschließen, sind sie in aller Regel in einer sehr schwierigen Lage, hoch belastet, am Rande ihrer Kräfte. Heimerziehung ist eine differenzierte und qualifizierte Hilfeart: Kinder und Jugendliche leben in kleinen Wohngruppen mit festen Bezugspersonen. Auf keinen Fall darf sie als Strafe oder Disziplinierungsinstanz verstanden oder vermittelt werden („Wenn du nicht brav bist, musst du ins Heim!”). Sind Sie betroffen, so suchen Sie das Heim sorgfältig mit aus. Nehmen Sie ihr Wunsch- und Wahlrecht wahr! Auch das Kind oder der Jugendliche soll mit entscheiden.

  • Soll die Einrichtung in der Nähe sein oder weiter weg? Wie arbeitet das Heim mit den Eltern zusammen?
  • Wie groß soll die Gruppe sein? Brauchen Sie eine kleine oft eingruppige Einrichtung oder wird eine größere Einrichtung mit Spezialangeboten gesucht?
  • Gute Heime haben in der Regel vielfältige Förder- und Therapiemöglichkeiten, manche haben eigene Schulen oder berufliche Ausbildungsmöglichkeiten. Informieren Sie sich, wie Ihr Kind gefördert werden kann.
  • Je mehr Sie als Eltern in die Hilfe einbezogen sind, desto größer ist der Erfolg und umso schneller die Rückkehrmöglichkeit, die regelmäßig in gemeinsamen Hilfeplangesprächen überprüft wird.

Je nach Gruppengröße, Personalintensität und Therapiemöglichkeiten werden Heime oft klassifiziert in „heilpädagogisch orientierte Heime”, „heilpädagogische Heime” und „therapeutische Heime”. Für ältere Jugendliche und junge Volljährige halten viele Heime intern und/oder extern Wohnungen vor, in denen man seine Selbständigkeit üben kann.

Vor allem verschaffen Sie sich Klarheit über die Ziele, die mit dem Heimaufenthalt verbunden werden sollen. In aller Regel soll das Kind einen begrenzten Zeitraum dort verbringen. In dieser Zeit soll sowohl das Kind, als auch die Familie einen positiven Veränderungs- und Entwicklungsprozess durchleben, Störungen abbauen, neue Kompetenzen erlernen und Kräfte mobilisieren.

Stärken der Hilfeform Heimerziehung

  • entwicklungsfördernde Umgebung und Struktur für Kinder & Jugendliche (viele Entwicklungsanreize, -angebote, Freizeitangebote und -möglichkeiten);
  • Förderung der Kinder bei erheblichen Störungen/Rückständen: Kinder/Jugendliche machen erhebliche Fortschritte (Abbau erheblich dysfunktionaler Verhaltensweisen und Aufbau adäquater Verhaltensweisen);
  • intensive Verschränkung von Alltagspädagogik und Therapieformen (viele verschiedene Therapie- und Förderangebote verfügbar und koordinierbar);
  • intensive schulische Förderung;
  • soziales Lernen in der Gruppe (Erlernen von Verantwortung, Verpflichtung, Gegenseitigkeit und Rücksichtnahme);
  • Verselbständigungshilfen erforderlichenfalls bis zum 21. Lebensjahr;
  • Gewährleistung eines hohen Therapietransfers (therapeutische Fachdienste + Gruppenmitarbeiter);
  • kriteriengeleitete Rückführung als Motivation für Eltern/Angehörige;
  • Schutz von Kindern/Jugendlichen vor (weiteren) Misshandlung, Vernachlässigung, Missbrauch;
  • Entlastung des Familiensystems/des erzieherischen Systems bei Überforderung schafft neue Ansatz- und Lösungsmöglichkeiten;
  • Steigerung sozialer Teilnahmechancen (durch Vermittlung von Sozialverhalten, Schulabschlüssen, Persönlichkeitsstabilisierung usw.);
  • Verbesserung der Kommunikation der Familie durch verringerte Konfliktdichte;
  • Stärkung der erzieherischen Fähigkeiten der Eltern durch aktive Inanspruchnahme der Elternarbeit;
  • Sekundärprävention und z.T. Tertiärprävention;
  • ambulante Nachbetreuungsmöglichkeit mit hohem Wissens- und Methodentransfer.

Grenzen der Hilfeform:

  • akute Suchtproblematik;
  • fehlende Motivation der Jugendlichen;
  • fehlende Veränderungsmotivation der Eltern/Sorgeberechtigten;
  • Distanzierungsbedürfnisse oder Ausstoßungswünsche der Familien;
  • akute psychiatrische Zustände (einschl. Suizidalität);
  • Grenzen der Reintegrierbarkeit in Familie (sog. „Multiproblemfamilien”);
  • Gruppenzusammensetzung: durch zu viele Kinder mit ähnlicher Problematik kann die Sozialisation verengt werden;
  • Verlängerung und Verfielfältigung von Hilfen im Vorfeld und Verkürzung der Verweilzeit erzeugen künstliche Konzentration schwierigerer Fälle mit schlechterer Prognose. Das sog. therapeutische Milieu kann nicht mehr hergestellt werden.

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